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Thilo Sarrazin: Migranten – ein wachsendes kulturfremdes Proletariat

7 Dez

sarrazin-thiloMonatelang strömten täglich 8.000 bis 10.000 Flüchtlinge und illegale Einwanderer über deutsche Grenzen. Bis Mitte November wurden 1 Million Asylbewerber registriert. Das zuständige Bundesamt hat aber in diesem Jahr bis Oktober wegen Überlastung nur 330.000 Erstanträge angenommen und von diesen lediglich 200.000 Anträge beschieden, davon 60 Prozent negativ. Der Bearbeitungsstau ist also ungeheuer. Von den Abgelehnten dürfen die meisten trotzdem bleiben, denn die Zahl der Abschiebungen ist minimal und beläuft sich in diesem Jahr nur auf ca. 15.000.

Rechtzeitig zum ersten Advent gab es nun gute Nachrichten: Mazedonien lässt nur noch Syrer, Iraker und Afghanen durch, die Zahl der täglichen Neuankünfte sank auf knapp 2.000. Die Hoffnung auf eine Weihnachtsruhe beim Migrantenstrom breitet sich aus. Immer routinierter werden die Verfahren zur Registrierung und regionalen Verteilung der Asylbewerber. Die Hersteller von Behelfsunterkünften erfahren einen Boom. In Berlin wird sogar das alte Tempelhofer Flugfeld für die Aufstellung solcher Unterkünfte zur Verfügung gestellt. Nein, unbehauste und frierende Asylbewerber wird es zu Weihnachten 2015 in Deutschland nicht geben. Das immerhin hat die deutsche Verwaltung geschafft.

Aber wir wissen weiterhin nicht genau, wer da gekommen ist – außer, dass die meisten junge Männer sind, viele keinen Ausweis haben, nur wenige Englisch können oder eine in Deutschland brauchbare berufliche Bildung haben. Nach neuen Umfragen halten die Unternehmen die Neuankömmlinge nur als Hilfsarbeiter für einsatzfähig, 60 Prozent erklären aber, dass sie keine Hilfsarbeiter brauchen.

Weiterhin will niemand von Obergrenzen für Asylbewerber sprechen. Das Wort Kontingent wird jetzt immerhin schon mal in den Mund genommen.

Wie ein Mantra trägt die Bundesregierung die Forderung nach einer “europäischen Lösung” vor sich her. Aber spätestens seit den Terroranschlägen in Paris ist die Aussicht auf einen europäischen Verteilungsmodus in ganz nebelhafte Ferne gerückt. Frankreich hat seine Grenzen auf unabsehbare Zeit für weitere Einwanderung geschlossen. In Italien oder Griechenland möchte sowieso kein Asylbewerber bleiben. Schweden hat erklärt, die Grenze der Belastungsfähigkeit erreicht zu haben, Osteuropa scheidet gänzlich aus, so bleiben Österreich und Deutschland.

Angela Merkel sagte im Bundestag, eine “solidarische Verteilung von Flüchtlingen” auf die Mitgliedstaaten der EU sei nicht “irgendeine Petitesse, sondern berührt die Frage, ob der Schengenraum auf Dauer aufrechterhalten werden kann”. Die große Türöffnerin und Hüterin der Willkommenskultur beginnt öffentlich erkennbar damit, an einer Hintertür zu zimmern, durch die sie das Gefängnis ihrer Festlegungen nach Bedarf verlassen kann. Eine “Drohung” sei das natürlich nicht, nur eine “Sorge”. Ihre Aussage, dass Mauern und Zäune keine Lösung seien, wiederholte sie nicht.

Niemand weiß, wie es weiter gehen soll:

• In der großen Koalition gelingt es offenbar nicht, schärfere Regeln zum Familiennachzug durchzusetzen. Wenn eine Million Asylbewerber bleiben dürfen, werden daraus schon auf diesem Wege – durch Kettenwanderung und natürliche Fruchtbarkeit – in einigen Jahren fünf Millionen werden. Kommen im nächsten Jahr 500.000, so werden daraus irgendwann 2,5 Millionen etc. So entstehen im Nu sehr große Zahlen am unteren Rand der Gesellschaft, ein wachsendes kulturfremdes Proletariat.

• Wohin das führen kann, sieht man an den französischen Banlieues. Dort wächst eine Fremdheit heran, die sich in Feindseligkeit gegen die aufnehmende Gesellschaft wendet. Es ist die gegenwärtige Lebenslüge Frankreichs und ganz Europas, dass der Terrorismus allein ein Produkt des IS sei. Er ist auch ein perverser Lebensausdruck der gescheiterten muslimischen Jugend in Europa.

• Immerhin nimmt so die Einsicht zu, dass aus gläubigen Muslimen nicht automatisch säkulare Europäer werden, sondern dass der Zusammenprall der Kulturen mit noch größerer Wahrscheinlichkeit zu wachsendem Fundamentalismus führt. Der Parteivorsitzende der Grünen, Chem Özdemir, wies in diesen Tagen mit bemerkenswerter Offenheit darauf hin, dass die europäischen Muslime aus dem Zugriff der fundamentalistischen Strömungen in ihren Heimatländern gelöst werden müssen. Aber auch er weiß offenbar keinen Rat, wie das geschehen soll. In einer freien Gesellschaft dürfen auch Salafisten für ihren Glauben werben, und man wird auch nicht verbieten können, dass die Türkei Imame in Deutschland bezahlt und Saudi-Arabien Moschee-Gemeinden in Deutschland finanziell unterstützt. [1]

[1] In Österreich ist aber genau dies geschehen. kurier.at schreibt: Rund 65 ausländische [türkische] Imame, die von der türkischen Regierung bezahlt werden, müssen Ende 2015 Österreich verlassen. Das Verbot der Auslandsfinanzierung für Imame und Moscheen ist einer der Eckpunkte des Entwurfes für das neue Islamgesetz, das am Mittwoch vom Ministerrat beschlossen wurde. >>> weiterlesen Warum sollte dies nicht auch für Saudi-Arabien gelten, die in der Regel radikale Imame und radikale Moscheen finanzieren? Und wieso sollte man die Salafisten nicht verbieten können, zumal sie einen mittelalterlichen und inhumanen Islam predigen?

Schengen wird nicht mit einem Knall zerplatzen, es wird eine stillen Tod auf Raten sterben. Das hat bereits begonnen: 

• Die Hoffnung, man könne sich auf einen Verteilungsmodus für Asylbewerber einigen, hat sich als Illusion erwiesen.

• Ebenso die Erwartung, die Griechen oder Italiener könnten die Außengrenzen Europas wirksam schützen oder würden dies auch nur wollen.

• In den nächsten Wochen wird die Hoffnung sterben, man könne die Türkei zum Wächter der europäischen Grenzen machen.

Was tun, wenn im Frühling 2016 die Migrantenströme wieder zunehmen:

• Wird man dann einen Zaun an der deutschen Grenze zu Österreich gebaut haben? Wohl kaum.

• Wird man die Bundeswehr zum Schutz der Grenze einsetzen? Vielleicht.

• Wird man zulassen, dass militärische Gewalt gegen Grenzverletzer eingesetzt wird? Sehr unwahrscheinlich.

Es ist schon ein bisschen pervers: Die Bundeswehr soll im vom Bürgerkrieg zerrissenen Mali auf “Friedensmission” gehen, sie soll Aufklärungsflüge in Syrien fliegen, sie bildet kurdische Kämpfer im Irak aus. Nur die Grenzen des eigenen Landes verteidigen, das soll sie offenbar nicht.

Dafür – und nur dafür – wurde sie aber einst geschaffen.

Zuerst erschienen in der Zürcher Weltwoche

Quelle: Große Zahlen am unteren Rand der Gesellschaft, ein wachsendes kulturfremdes Proletariat

Hjalmar K. schreibt:

Hochverehrter Herr Sarrazin,
danke für die Analyse und mein Bedauern, dass der Artikel, statt in einer großen deutschen Zeitung mal wieder in der freien Schweizer Presse erscheinen musste.
Die Chuzpe von Frau Merkel scheint unüberbietbar: Die jetzige illegale Migrantenwelle wurde durch die Sogwirkung von Fehlanreizen aus dem deutschen Sozialsystem ausgelöst; ich weigere mich, den Begriff “Flüchtlinge” zu benutzen. Jetzt, da sie merkt, aber nicht öffentlich eingestehen will, dass ihr der deutsche selbstherrliche Alleingang auf die Füße fällt, appelliert sie (bettelt, schmeichelt, droht?) an die Solidarität der EU-Mitgliedstaaten und lässt sich von Sultan Erdogan vorführen.

Statt weiterer Entlastungseinsätze im Ausland gehört m.E. die Bundeswehr zu Sicherung der eigenen Staatsgrenze, Unterstützung der Grenzpolizei eingesetzt, wenn der politische Wille zur Definition da wäre, dann gälte die aktuelle Lage als Katastrophenfall. Zwischen der kindischen Gegenüberstellung von “Alle reinlassen oder abknallen”, zuletzt bei Illner oder Maischberger, und notwendigen und wirkungsvollen polizeilichen Maßnahmen gibt es m.W. zahllose Abstufungen ohne einen einzigen Toten oder Verletzten, wie man zuletzt um Schloss Elmau gesehen hat; wenn man denn will, funktioniert auch die Souveränität über das eigene Staatsgebiet wieder.

Siehe auch:

George Igler: Die wahren Kosten der muslimischen „Bereicherung” Europas

Frankreich will im Rahmen des Ausnahmezustandes bis zu 160 Moscheen schließen

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